Kurz nach fünf ruft der Muezzin zum ersten Mal. Der Gebetsruf aus den etwas über 2500 lautsprecherverstärkten Kehlen verschmilzt zu einem Tosen, das den Großstadtlärm übertönt. Auch an meinem dritten Tag in Istanbul zeigen sich meine Ohrstöpsel – anders als ich – davon unbeeindruckt.
Erst um acht Uhr beginnt mein Tag. Frühstück im Hotel: Die Auswahl zwischen Oliven, verschiedenen (Frisch-)Käsen (inkl. einer Art Liptauer mit Kräutern), Halva und Honigwaben auf der einen Seite respektive den warmgehaltenen internationalen Verirrungen Bratwürstel, ‑erdäpfel und Rührei (keine Eierspeis!) auf der anderen Seite fällt nicht schwer.
Am Heimweg vom gestrigen Sherry-Kauf hat mich an einem Marktstand der Solospargel angelacht. An sich hab ich ja den grünen Spargel lieber (den gab es dann auch beim Geburtstag der Gärtnerin als Beilage zum Pfeffersteak), aber auch weißer Spargel ist etwas Feines.
Spargel kaufe ich inzwischen nur noch am Markt, die Supermarktketten mit ihren abgepackten Bündeln, bei denen die Verpackungen ihr Möglichstes tun, den verräterischen Anschnitt (immer eingetrocknet, oft verschimmelt) zu verbergen. Für einen hungrigen Küchenmeister also ein halber Kilo Spargel. Darfs etwas mehr sein? Ja, knapp über 600 Gramm sind auch OK, danke sehr.
Gestern war ich zum ersten Mal seit langer Zeit bei Wein & Co, um rechtzeitig vor der Sommerhitze meine Sherry-Vorräte aufzufüllen. In österreichischen Supermärkten wird man diesbezüglich ja nur mit picksüßem Geschlader der Kategorie „medium dry“ versorgt. Was noch für Wein & Co sprach: Der Einkaufsgutschein, der noch von der letztjährigen Geburtstagsfeier auf meinem Schreibtisch herumlag.
Leider war die Sherry-Auswahl auch im Wein & Co’schen flagship store in der Mariahilfer Straße recht enttäuschend: ein Fino, ein Manzanilla, ein Oloroso, ein Pedro Ximénez.
Die Stunde war schon fortgeschritten nach einem üppigen Mahl, der Wein floß, wenn nicht in Strömen, so doch reichlich. Bis er irgendwann nicht mehr floß.
Wer dann die Aufforderung an den für die Beschaffung der Früchte des Rebstocks Zuständigen – er, der Mundschenk, möge doch bitte gefälligst für Nachschub sorgen – aussprach, ist im Dunkel jenes Abend entschwunden. Ob der so Titulierte noch eine Flasche Wein in Reserve hatte, oder ob er sich auf diesen Zuruf stattdessen der Whisky-Sammlung des Gastgebers widmete, entzieht sich ebenfalls meiner Erinnerung. Jedenfalls aber saßen wir nicht lange auf dem Trockenen.