Zurück in Frankreich: Brasserie Santner, Graz

Fensterdekoration in der Brasserie Santner: Château Soleil 2009
Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
Eine Fami­li­en­feier diente uns als Vor­wand, wie­der ein­mal nach Frank­reich zu fah­ren. So weit man halt kommt, ohne Graz zu ver­las­sen: Bis zur Ecke Paulustorgasse/​Karmeliterplatz. Und ja, man setzt in der Bras­se­rie Sant­ner schon mehr auf Wein, aber das mit der Braue­rei wird ja auch in Frank­reich selbst nicht mehr so eng gesehen.

Reste des warmen Sauerteigbrots der Hofbäckerei Edegger
Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
Speisekarte mit Lieferantenangaben in der Brasserie Santner
Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
Viel hat sich seit unse­rem ersten Besuch nicht ver­än­dert, außer der Spei­se­karte, und ich finde, das ist gut so. Noch immer wird als Gedeck Salz­but­ter aus der Nor­man­die zum war­men Sau­er­teig­brot der Hof­bäcke­rei Edeg­ger ser­viert, noch immer gibt es drei, vier oder fünf Gänge nach Wahl um ca. 40, 50 oder 60 Euro (zum Grund­me­nü­preis von 29,90÷39,50÷49,00 Euro kom­men je nach Aus­wahl bei ein oder zwei Gerich­ten sup­p­lé­ments hinzu). Neu ist hin­ge­gen, daß die Karte nicht nur die für die jewei­li­gen Posten ver­ant­wort­li­chen Men­schen (bei unse­rem Besuch waren das Ste­fan Prie­ler und Mar­kus Vallant für Vor- und Haupt­speise sowie Tho­mas Ser­ret als Pâtis­sier) nennt, son­dern auch die Lie­fe­ran­tin­nen und Lie­fe­ran­ten der Roh­pro­dukte. Das sollte Stan­dard wer­den in der Gastronomie!

In einem schö­nen Lokal wie der Bras­se­rie Sant­ner leide ich immer unter dem Zwang, aus­wäh­len zu müs­sen. (Des­we­gen gefällt mir auch das Frey­en­stein so, ich muß nichts aus- und damit eine andere Speise abwäh­len!) Zu Viert ging es sich aber glück­li­cher­weise aus, die ganze Karte durch­zu­pro­bie­ren, auch wenn das hieß, daß ich manch­mal nicht das bestel­len konnte, was mir aus der jewei­li­gen Kate­go­rie für sich genom­men stär­ker zuge­sagt hätte. Man kann halt nicht alles haben, nur Lieb­lings­spei­sen und trotz­dem neue Erfah­run­gen spielt’s nicht.

Grüße aus der Küche

Mürbteig, Blutwurst, Brandteigkrapferl, Quiche
Mürb­teig, Blut­wurst, Brand­teig­krap­ferl, Quiche
Karottencrème, Kokosschaumsuppe, Karottencroissant
Karot­ten­crème, Kokos­schaum­suppe, Karottencroissant
Karottencrème, Kokosschaumsuppe, Karottencroissant
… und mit geöff­ne­tem Deckel

Der erste Gruß aus der Küche wurde wie­der auf Schie­fer­plat­ten ser­viert. Kleine Häpp­chen (eine Art pikan­tes Mürb­teig­keks, eine Blut­wurst­pra­line, ein Brand­teig­krap­ferl mit Frisch­kä­se­fül­lung und ein Stück Quiche), schwer zu tei­len, aber schnell im Mund. Sie ver­kür­zen jeden­falls die War­te­zeit auf Brot und But­ter. Aber auch hier gilt: Ich mag nicht aus­wäh­len müs­sen! (Und brü­der­lich tei­len mag ich schon gar nicht, Fami­li­en­feier hin oder her ;-). Als zwei­tes amuse-gueule wie­der eine Suppe, dies­mal Kokos­schaum­suppe mit Karot­ten­crème (und einem Minia­tur­crois­sant). Sehr fein!

Kalte Vorspeisen

Bressehuhn, Nußtarte, Weintrauben
Bres­se­huhn, Nußtarte, Weintrauben
Socca, Panisse, Falafel, Schafmilchjoghurt, Curry
Socca, Panisse, Fal­a­fel, Schafmilchjoghurt …
Currysuppe im Glas
… und das zuge­hö­rige Curry
Thunfisch, marinierter Lachs, Garnele, Avocadocrème, Ingwer
Thun­fisch, mari­nier­ter Lachs, Gar­nele, Avo­ca­do­crème, Ingwer

Eigent­lich hätte ich gern die (zuschlags­pflich­ti­gen) Mee­res­früchte, aber auch das Bres­se­huhn macht gute Figur am Tel­ler. Galan­tine, mousse von der Leber, Pra­li­nen von den Hax­erln, knusp­rige Haut und knackige Her­zen, dazu Nußtarte-Häpp­chen und Wein­trau­ben. (Und ja, ent­zückend ange­rich­tet. Warum gelingt mir das zuhause nie so?) Die vege­ta­ri­sche Varia­tion von der Kicher­erbse fand ich hin­ge­gen etwas lang­wei­lig, wobei ich von dem Fal­a­fel-Bäll­chen im Zen­trum nicht kosten durfte. Brü­der­li­ches Tei­len und so … Übri­gens: Auch wenn es „kalte Vor­spei­sen“ heißt, sind die Gerichte nur teil­weise kalt.

Warme Vorspeisen

Kutteln vom Kalb, Kalbszunge, Cidre, Kren
Kut­teln vom Kalb, Kalbs­zunge, Cidre, Kren
Gefüllte und gebackene Kartoffel, Räucheraal, Eigelb
Gefüllte und gebackene Kar­tof­fel, Räu­cher­aal, Eigelb
Seeteufelfilet, rote Rübencrème, Lauch
Zum See­teu­fel­fi­let mit roter Rüben­crème und Lauch gab’s …
Eßpapier aus roten Rüben
… Eßpa­pier aus roten Rüben

Meins wär eigent­lich der gefüllte und gebackene Erd­ap­fel mit Räu­cher­aal, Eigelb und (nicht ange­kün­digt) Kaviar – ich ver­mute vom Saib­ling – gewe­sen, aber den hatte sich schon die Gärtnerin geschnappt. Also wur­den es Kalbs­kut­teln mit eben­sol­cher Zunge. Das Cidre-Kara­mell unter der Zunge hat wirk­lich gut gepaßt, mit den Kut­teln selbst wurde ich nicht so rich­tig warm. Also schon gut gemacht, aber keine Geschmacks­explo­sion für mich. (Wis­sende Men­schen haben mir aber nach Ver­ko­stung ver­si­chert, daß das sehr gute Kut­teln wären. Meine eige­nen Erfah­run­gen dies­be­züg­lich beschränk­ten sich bis dahin auf Fleck­suppe.) Der Preis für die phan­ta­sie­voll­ste und far­ben­präch­tig­ste Prä­sen­ta­tion bei den war­men Vor­spei­sen geht jeden­falls ein­deu­tig an das See­teu­fel­fi­let mit roter Rüben­crème – dazu gab’s näm­lich noch ein Sta­nit­zel mit Eßpa­pier aus roten Rüben. Nett!

Hauptspeisen

Koteletts, Rücken und Bries vom Lamm, Melanzaniflan, Rauchpaprikacrème
Kote­letts, Rücken und Bries vom Lamm, Melan­z­a­ni­flan, Rauchpaprikacrème
Rinderfilet "Colbert", Grießkuchen, mit Mark gefüllte Champignons
Rin­der­fi­let „Col­bert“, Grieß­ku­chen, mit Mark gefüllte Champignons
Kabeljaufilet, frische gefüllte Pasta, Sellerie, Sauce vom Kabeljau
Kabel­jau­fi­let, fri­sche gefüllte Pasta, Sel­le­rie. Die Sauce …
Der Kellner gießt am Tisch Kabeljausauce über das Kabeljaufilet
… kam am erst Tisch darüber.

Bei den Haupt­spei­sen konnte ich trotz der grö­ße­ren Por­tio­nen nur ein­ge­schränkt kosten – so rich­tig wollte nie­mand etwas her­ge­ben. Das dür­fen wir wohl als gutes Zei­chen wer­ten ;-). Das Lamm­ge­richt war auch im Vier­gän­ger sup­p­lè­ment-pflich­tig – bei der gewal­ti­gen Fleisch­menge aber ver­ständ­lich. Neben drei Kote­letts war auch noch ein wirk­lich ordent­li­ches Trumm aus­ge­lö­ster Lamm­rücken dabei (und natür­lich das cre­mige Bries in knusp­ri­ger Hülle, das sogar dem nicht so inne­rei­en­af­fi­nen Bru­der­herz Begei­ste­rung ent­lockte!). Auch Melan­z­a­ni­flan und Papri­kacrème har­mo­nier­ten her­vor­ra­gend mit dem zar­ten Lamm. Große Klasse!

Desserts

Weiße Kardamomschokolade wird am Tisch über das Bananendessert gehobelt
Der Bana­nen­crème fehlt noch die weiße Kardamomschokolade.
Bananencrème, Karamel, Muskatnuß-Eis, Erdnüsse
Bana­nen­crème, Kara­mel, Mus­kat­nuß-Eis, Erdnüsse
Apfel-Blätterteig-Tarte, Buchweizeneis, Mandelmousse
Apfel-Blät­ter­teig-Tarte, Buch­wei­zen­eis, Mandelmousse
Schokoladen-Kaffee-Palais, Vanilleparfait
Scho­ko­la­den-Kaf­fee-Palais, Vanilleparfait

Die Nach­spei­sen­aus­wahl war dann sehr ein­fach. Mus­kat­nuß­eis sticht Bana­nen­ab­nei­gung. Wobei ich an letz­te­rer ja sowieso arbei­ten wollte. Ver­mut­lich hat auch Katha­rina Sei­ser wie­der ein­mal recht und das liegt alles am wirk­lich erbärm­li­chen Geruch von Bana­nen. Im Sant­ner schei­nen sie ja ein Fai­ble für abgrün­dige Eis­sor­ten zu haben: Neben dem schon erwähn­ten Mus­kat­nuß­eis (sehr gut übri­gens) gab es zur Apfel-Blät­ter­teig-Tarte ein Buch­wei­zen­eis (min­de­stens genauso gut!). Und wenn ich an das Blau­schim­mel­käse-​Jo­ghurt-​Eis beim letz­ten Besuch zurück­denke, läuft mir heute noch das Was­ser im Munde zusam­men. Nur das Vanil­le­par­fait zum „Scho­ko­la­den-Kaf­fee-Palais“ (was auch immer damit gemeint sein mag … Palast? Gau­men? Der Geschmack hat jeden­falls Kind­heits­er­in­ne­rung geweckt, diese flüs­sig gefüll­ten „Kaf­fee­boh­nen“, die es lei­der schon seit Jah­ren nicht mehr gibt) fiel da etwas aus der Reihe. Also nicht geschmack­lich, aber halt sehr vanilla. Ah ja, die Bana­nen­crème hat mir dann auch aus­ge­zeich­net gemun­det. Es liegt wohl wirk­lich am Geruch.

Ananaspraline
Die Petits fours: Ananaspralinen …
Rosenblüten-Marshmallows, Ananaspralinen
… und Rosenblüten-Marshmallows.

Nach den regu­lä­ren Des­serts wurde uns dies­mal auch noch ein Gruß aus der pâtis­se­rie ser­viert: hoch­aro­ma­ti­sche Ana­nas­pra­li­nen und mit Rosen­was­ser par­fü­mierte Marsh­mal­lows. Zu letz­te­ren fehlte uns allen ein biß­chen der Zugang. Eh nett, aber kein Ver­gleich mit den Pra­li­nen. Trotz län­ge­rer War­te­zeit und Cal­va­dos (Père Mag­loire XO) wollte sich dies­mal in unse­ren Mägen kein Platz mehr für einen Käse­gang auf­tun. Lei­der. Ein Grund mehr, bald wiederzukommen!


Der Küchenmeister

Der Küchen­meis­ter arbei­tet als Infor­ma­ti­ker und dilet­tiert in sei­ner Frei­zeit am Herd und Zir­ku­la­tor. Seit eini­gen Jah­ren gilt sein beson­de­res Inter­esse den moder­nen Küchentechniken.

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