In einem schönen Lokal wie der Brasserie Santner leide ich immer unter dem Zwang, auswählen zu müssen. (Deswegen gefällt mir auch das Freyenstein so, ich muß nichts aus- und damit eine andere Speise abwählen!) Zu Viert ging es sich aber glücklicherweise aus, die ganze Karte durchzuprobieren, auch wenn das hieß, daß ich manchmal nicht das bestellen konnte, was mir aus der jeweiligen Kategorie für sich genommen stärker zugesagt hätte. Man kann halt nicht alles haben, nur Lieblingsspeisen und trotzdem neue Erfahrungen spielt’s nicht.
Grüße aus der Küche
Der erste Gruß aus der Küche wurde wieder auf Schieferplatten serviert. Kleine Häppchen (eine Art pikantes Mürbteigkeks, eine Blutwurstpraline, ein Brandteigkrapferl mit Frischkäsefüllung und ein Stück Quiche), schwer zu teilen, aber schnell im Mund. Sie verkürzen jedenfalls die Wartezeit auf Brot und Butter. Aber auch hier gilt: Ich mag nicht auswählen müssen! (Und brüderlich teilen mag ich schon gar nicht, Familienfeier hin oder her ;-). Als zweites amuse-gueule wieder eine Suppe, diesmal Kokosschaumsuppe mit Karottencrème (und einem Miniaturcroissant). Sehr fein!
Kalte Vorspeisen
Eigentlich hätte ich gern die (zuschlagspflichtigen) Meeresfrüchte, aber auch das Bressehuhn macht gute Figur am Teller. Galantine, mousse von der Leber, Pralinen von den Haxerln, knusprige Haut und knackige Herzen, dazu Nußtarte-Häppchen und Weintrauben. (Und ja, entzückend angerichtet. Warum gelingt mir das zuhause nie so?) Die vegetarische Variation von der Kichererbse fand ich hingegen etwas langweilig, wobei ich von dem Falafel-Bällchen im Zentrum nicht kosten durfte. Brüderliches Teilen und so … Übrigens: Auch wenn es „kalte Vorspeisen“ heißt, sind die Gerichte nur teilweise kalt.
Warme Vorspeisen
Meins wär eigentlich der gefüllte und gebackene Erdapfel mit Räucheraal, Eigelb und (nicht angekündigt) Kaviar – ich vermute vom Saibling – gewesen, aber den hatte sich schon die Gärtnerin geschnappt. Also wurden es Kalbskutteln mit ebensolcher Zunge. Das Cidre-Karamell unter der Zunge hat wirklich gut gepaßt, mit den Kutteln selbst wurde ich nicht so richtig warm. Also schon gut gemacht, aber keine Geschmacksexplosion für mich. (Wissende Menschen haben mir aber nach Verkostung versichert, daß das sehr gute Kutteln wären. Meine eigenen Erfahrungen diesbezüglich beschränkten sich bis dahin auf Flecksuppe.) Der Preis für die phantasievollste und farbenprächtigste Präsentation bei den warmen Vorspeisen geht jedenfalls eindeutig an das Seeteufelfilet mit roter Rübencrème – dazu gab’s nämlich noch ein Stanitzel mit Eßpapier aus roten Rüben. Nett!
Hauptspeisen
Bei den Hauptspeisen konnte ich trotz der größeren Portionen nur eingeschränkt kosten – so richtig wollte niemand etwas hergeben. Das dürfen wir wohl als gutes Zeichen werten ;-). Das Lammgericht war auch im Viergänger supplèment-pflichtig – bei der gewaltigen Fleischmenge aber verständlich. Neben drei Koteletts war auch noch ein wirklich ordentliches Trumm ausgelöster Lammrücken dabei (und natürlich das cremige Bries in knuspriger Hülle, das sogar dem nicht so innereienaffinen Bruderherz Begeisterung entlockte!). Auch Melanzaniflan und Paprikacrème harmonierten hervorragend mit dem zarten Lamm. Große Klasse!
Desserts
Die Nachspeisenauswahl war dann sehr einfach. Muskatnußeis sticht Bananenabneigung. Wobei ich an letzterer ja sowieso arbeiten wollte. Vermutlich hat auch Katharina Seiser wieder einmal recht und das liegt alles am wirklich erbärmlichen Geruch von Bananen. Im Santner scheinen sie ja ein Faible für abgründige Eissorten zu haben: Neben dem schon erwähnten Muskatnußeis (sehr gut übrigens) gab es zur Apfel-Blätterteig-Tarte ein Buchweizeneis (mindestens genauso gut!). Und wenn ich an das Blauschimmelkäse-Joghurt-Eis beim letzten Besuch zurückdenke, läuft mir heute noch das Wasser im Munde zusammen. Nur das Vanilleparfait zum „Schokoladen-Kaffee-Palais“ (was auch immer damit gemeint sein mag … Palast? Gaumen? Der Geschmack hat jedenfalls Kindheitserinnerung geweckt, diese flüssig gefüllten „Kaffeebohnen“, die es leider schon seit Jahren nicht mehr gibt) fiel da etwas aus der Reihe. Also nicht geschmacklich, aber halt sehr vanilla. Ah ja, die Bananencrème hat mir dann auch ausgezeichnet gemundet. Es liegt wohl wirklich am Geruch.
Nach den regulären Desserts wurde uns diesmal auch noch ein Gruß aus der pâtisserie serviert: hocharomatische Ananaspralinen und mit Rosenwasser parfümierte Marshmallows. Zu letzteren fehlte uns allen ein bißchen der Zugang. Eh nett, aber kein Vergleich mit den Pralinen. Trotz längerer Wartezeit und Calvados (Père Magloire XO) wollte sich diesmal in unseren Mägen kein Platz mehr für einen Käsegang auftun. Leider. Ein Grund mehr, bald wiederzukommen!
Als ob du alles geteilt hast… ;-)
wegen dir werde ich noch extra nach graz fahren. liest sich sehr gut (und schaut ziemlich gut aus, da hat wer ein händchen fürs anrichten).
Ja, das ‚plating‘ fasziniert mich auch ziemlich. So stell ich mir mein selbstgekochtes Essen immer vor, aber es sieht dann leider nie so aus :(
Der Abstecher lohnt sich jedenfalls, find ich!
sehr schön gestaltet, diese seite!
Danke schön!
wirklich immer einen besuch wert!
Es sind richtige Meisterstücke. Danke für.