Das war noch die Zeit, als der bartender von Welt seine liqueurs selbst zu mischen pflegte. Und dazu benötigte er (die erste Frauenbewegung kam erst langsam auf Touren) allerlei Essenzen und Tinkturen als Basisprodukte. Auch die waren selbstverständlich selbst anzusetzen. Was uns zu untenstehender Rezeptur führt. Die einzige Modernisierung: F.J. Beutel verwendete noch Weingeist mit 70 Volumsprozent Alkoholanteil (vermutlich, weil höherprozentiger Alkohol relativ teuer war). Für Cocktails und wenn man die Essenz in kleine Flascherln füllt, ist der höhere Alkoholgehalt der „modernen“ Fassung aber kein Problem. Nur bei alten Liqueurrezepten sollte man die Stärke vorab mit destilliertem Wasser korrigeren, damit die Mischungsverhältnisse noch passen.
Pomeranzenessenz
- Vorschau: 1 Liter
- Vorbereitung: 15 Min.
- Wartezeit: 7 Tage
- Fertig in: 7 Tage 0 Std. 15 Min.
Nach einem Rezept aus Franz Josef Beutels „Die modernen Getränke“ aus dem Jahr 1911
Zutaten
- 1 kg Pomeranzen aus biologischem Anbau
- 1 l Weingeist 96 Vol.-%
- 100 ml Orangenblütenwasser keinesfalls mehr, die floralen Noten sind sehr dominant
Zubereitung
- Pomeranzen sorgfältig unter fließendem heißem Wasser bürsten. Mit dem Zestenreißer bzw. einer feinen Microplane-Reibe dünn schälen. Zur Not funktioniert es auch mit dem Sparschäler, die Extraktion dauert dann aber länger.
- Pomeranzenzesten in einem luftdicht verschließbaren Gefäß mit dem Weingeist bedecken. Mehrere Tage (je nach Feinheit der Zesten, hier zumindest eine Woche) mazerieren lassen. Zumindest einmal täglich gut schütteln. (Im Lauf der Zeit verlieren die Zitrusschalen ihre kräftige Farbe und werden brüchig. Das ist der richtige Zeitpunkt, die Essenz abzuseihen. Eine weitere Extraktion würde nur mehr Pektin lösen.)
- Den Alkohol durch ein Sieb in ein frisches, ebenfalls luftdicht schließendes Gefäß gießen. (Es sollte etwas größere als das erste sein.) Das Orangenblütenwasser hinzufügen. Die Mischung wird durch die vom geringen relativen Alkoholgehalt bedingten verringerten Löslichkeit der ätherischen Öle trüb (Louche-Effekt). Noch einige Tage verschlossen stehen lassen, bis sich die Trübung wieder etwas legt und sich am Boden Partikel absetzen (ausgefälltes Pektin).
- Pomeranzenessenz durch einen befeuchteten Kaffeefilter in einen Krug abseihen und in kleine Fläschchen abfüllen. Die Essenz eignet sich hervorragend zum Parfümieren von Speisen und für Cocktails.
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Ah da schau her! So also schaut das Rezept genau aus. Meine Pomeranzenschalen stehen schon seit einer Woche im Glas, aber ich hab sie in Wodka angesetzt. Interessant, dass du von einer Woche schreibst. Ich hatte in den Untiefen des Internets gestöbert und da wurden normale Orangenschalen drei Wochen angesetzt, daher hatte ich gedacht, so mach ich das auch.
Mit Vodka jedenfalls drei Wochen! Aber Weingeist enthält ja viel mehr Alkohol (96 Vol.-% vs 40 Vol.-%), dadurch ist er ein deutlich besseres Lösungsmittel.
Danke! Ich hab nämlich gleich geschüttelt und geschaut, ob die Schalen irgendwie anders ausschauen und das taten sie nicht. Also warte ich noch, bis sie das tun.