Ernährungstrends beobachtend fällt mir auf, daß im Zuge steigender Beliebtheit tierfreier Gerichte und Ernährungsweisen (Hallo, Tierfreitag!) auch Lokale eröffnen, die raw food, also ungekochtes Essen, anbieten. Nach Wien, schon größenmäßig der hotspot in Österreich für pflanzliche Kost servierende Lokale, beobachte ich nun auch in Graz ein Wachstum dieses Gastronomiesegments. Als Fan von Lokalen wie z.B. dem Ginko, wurde ich vor kurzem auf Tilia’s Little Uncooked Restaurant aufmerksam. Ursprünglich ein Teil des Le Schnurrbart in der Paulustorgasse, ist das Lokal nun seit etwa einem Monat in der Klosterwiesgasse beheimatet (unweit des Jakominiplatzes). Schon beim Betreten fällt die hübsche, helle und mit netten Details versehene Einrichtung (Sonnenblume, Holzsessel, Vintage-Schilder) auf. Da „Tilia“ alias Daniela Pongritz den Laden alleine führt, bietet das Tilia’s mit zwei Tischen maximal sieben Gästen Platz. Gleichzeitig ist ein kleiner Shop für rohe pflanzliche Produkte, wie z.B. Mandelmus, Rohkakao, Nüsse, Medjool-Datteln und andere Knabbereien, integriert. Da in einem kleinen Lokal eine genaue Kalkulation notwendig ist, ist sowohl für das Mittagsmenü (gibt es am Mittwoch und Donnerstag) wie für das Speisen à la carte (gilt immer am Freitag) eine Reservierung notwendig. Zum Glück hatte ich für letzten Donnerstag rechtzeitig einen Platz reserviert.
Als ich mittags ins Lokal kam, war es noch leer und einmal als Foodbloggerin (selbst-)enttarnt kam ich schnell mit Daniela ins Gespräch, denn sie führt selbst ebenfalls einen Foodblog: Unter Tilia’s Rohkostleben beschreibt sie die Zubereitung verschiedener Rohkostspeisen und ‑getränke. Was angenehm auffällt ist, daß sie ihr Konzept und ihre Ideen sowohl in ihrem Blog als auch in persona nett und undogmatisch rüberbringt. Im hinteren Teil des Lokals gibt es eine Leseecke mit Schaukelstuhl mit diversen Büchern zu Rohkost. Obwohl Daniela selbst auf Fleisch und Fisch verzichtet, befindet sich darunter auch ein Buch mit Informationen zu ungekochten Fleisch- und Milchprodukten – von offenbar dogmatischer eingestellten VeganerInnen gab es deshalb schon manch wenig freundliche Kommentare …
Nun aber zum Mittagsmenü: Als Getränk wählte ich einen Erdbeer-Bananen-Smoothie, der in einer kleinen Glasflasche mit Glastrinkhalm serviert wurde. Erfreut stellte ich fest, daß der Geschmack der Banane keinesfalls die Erdbeeren übertünchte – das hatte ich bei anderen Smoothies nämlich schon öfter erlebt und zu dominanter Bananengeschmack ist nicht so meins. Die Vorspeise des Tages war eine Spinatsuppe, garniert mit kleingeschnittenem jungem Spinat sowie Tellerlinsensprossen. Sowohl Spinat als auch kalte Suppen mag ich ja sehr gerne – letztere zumindest im Sommer und ersteren hatte ich zuvor auch schon einmal roh als Salatzutat probiert. Diese Suppe (der relativ hohe Oxalsäuregehalt von nicht blanchiertem jungem Spinat ist bei einer Portion Suppe unbedenklich) hat das sehr gut vereint. Die Konsistenz war cremig und ähnlich wie Gazpacho. Auch die würzigen Tellerlinsensprossen harmonierten sehr gut mit dem Spinat.
Die Hauptspeise war an diesem Tag ein Gemüse-„Risotto“ auf Salat, mit Kresse, Kirschparadeisern und Trauben garniert. In der Rohkost besteht ein „Risotto“ aus klein gehäckseltem Gemüse – hier waren es Zucchini, Gurken und Karfiol. Leider stellte ich fest, daß mir Karfiol in roher Form nicht so zusagt – ich bleibe wohl doch lieber bei jenen Gemüsesorten, die ich sonst auch oft roh esse (Paradeiser, Gurken, Paprika, Karotten etc.). Ein wenig fehlte mir bei diesem Gericht auch die ausgleichende Würzung – die Bitterstoffe waren für meinen Geschmack etwas zu dominant.
Eine Patisserie gibt es im Tilia’s ebenfalls – als Desserts werden Kuchen, Torte und Pralinen mit rohem Kakao serviert. Da es am Donnerstag leider kein Fruchtleder (eine Süßigkeit ähnlich wie Fruchtgummi, jedoch ohne Gelatine) gab, habe ich mich an Nüsse und Datteln gehalten. Was ich als Mandelmilchliebhaberin beim nächsten Mal neben dem Fruchtleder auch noch gerne probieren möchte, ist eines der Getränke mit Mandel- oder Nussmus. Die klingen alle sehr verlockend! (Und natürlich wieder eine Ration Pekannüsse und diese großen feinen Medjool-Datteln für zuhause mitnehmen.) Als ich nach etwa einer Stunde ging, waren dann restlos alle Plätze besetzt – ohne Reservierung geht also wirklich nichts.
Rohköstlerin werde ich wohl keine (dafür bin ich in der Frage der roh eßbaren Gemüsesorten wohl doch zu sehr Gewohnheitstier), aber die Suppen, Smoothies sowie das Nuß- und Dattelsortiment im Tilia’s kann ich auf jeden Fall weiterempfehlen. Aber auch für alle, die einfach einmal Rohkost ausprobieren wollen, ist Tilia’s Little Uncooked Restaurant einen Besuch wert.
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