Leider hat es mit der noch aus Istanbul versprochenen Fortsetzung meines kulinarischen Reiseberichts etwas länger gedauert. Eigentlich wollte ich damit ja schon am Sonntag online gehen. Den Aufbereitungs- und Sichtungsaufwand für die Photos (und nicht zuletzt das Aussortieren der vielen völlig unbrauchbaren Aufnahmen) habe ich einfach stark unterschätzt. (OK, die Nachwirkungen einer Hochzeitsfeier haben am Sonntag die Arbeitsgeschwindigkeit auch nicht direkt erhöht ;-))
Wo war ich in meiner Erzählung stehen geblieben? Ah ja, bei der Suche nach einem Fischlokal in Karaköy (vormals Galata, aber so heißen nur noch die Brücke und der Turm … der Fußballverein zählt nicht wirklich). Eigentlich wollten wir ja nach einem „schönen“ Lokal für unser Abschiedsessen am Donnerstag Ausschau halten, aber an dieser Stelle hat uns mein treuer Gastroführer Istanbul Eats (eine spontane Erwerbung im Museumsshop des Topkapı-Palasts) im Stich gelassen.
Ja, daß sich Grifin als fine-dining-Schuppen zwar Adresse und Küche mit Tarihi Karaköy Balıkçısı (TKB) teilt, steht eh im Eintrag, daß die Verzehrräumlichkeiten (Dachterrasse vs. Halbstock) andere sind, kann man mit etwas gutem Willen vielleicht auch noch herauslesen. Wie man aber als nicht des Türkischen mächtiger Mensch zu einer Reservierung kommen soll, verrät auch die Web-Version von Istanbul Eats nicht. „Beide“ Lokale verfügen übrigens sogar über eine zweisprachige Website, so richtig aktuell ist die aber leider auch nicht.
Fast hätten wir auch TKB trotz Karte im Büchlein und großem Stadtplan nicht gefunden. Das Lokal liegt nämlich in einer kurzen Sackgasse, in der wir gar nicht erst gesucht hätten. Ein freundlicher Passant wies uns aber glücklicherweise den richtigen Weg (manchmal lohnt es sich auch, als hilfloser Tourist erkennbar zu sein). Der Grillmeister (usta) geleitete uns nach einem gedeuteten Dreier (für die Anzahl der Personen) in den oberen Stock.
Die Decke ist niedrig, aber gerade hoch genug, daß ich noch aufrecht stehen konnte. Die Fenster sind mit Blumentrögen verstellt, an einem Tisch sitzt eine Gruppe von türkischen Geschäftsleuten. Einer von ihnen sollte uns später mit ein paar deutschen Brocken bei der Fischauswahl beraten.
Kaum hatten wir uns niedergesetzt, da brachte der usta schon die hiesige „Speisekarte“ in Form eines großen Tellers mit rohem Fisch in allerlei Gestalt: Am Spieß, im Ganzen oder als Filet en papillote. Letzteres angeblich ganz große Oper, aufgrund einer etwas unerwarteten Interpretation dieser Zubereitungsart in einem Hotelrestaurant einige Tage zuvor haben wir leider darauf verzichtet. Ich entschied mich für die Fischsuppe und einen Spieß. Insgesamt hatten wir noch einen weiteren Spieß und eine ganze Goldbrasse (übrigens der einzige, bei dem wir uns sicher waren, was wir bestellt hatten).
Die Suppe war cremig mit kleinen Stückchen (Karotten, Erdäpfel, Fisch), gut gewürzt, aber nicht scharf. Die Fischspieße vom Grill ein Traum, saftig und anders als bei uns nicht übergart. Dazu gab es das mitgegrillte Gemüse und frisches Weißbrot. Wir tranken zu Mittag nur Wasser, ob es auch Wein gegeben hätte, weiß ich nicht genau. Vermutlich aber eher nicht.
Die Rechnung sagt übrigens 1 × Çorba (Suppe), 1 × Çupra (das ist wohl die Goldbrasse, auch wenn Wikipedia behauptet, die hieße auf Türkisch çipura), 1 × Dilşiş (Seezunge, wenn ich das englische sole richtig übersetze, könnte aber auch ein anderer Plattfisch gewesen sein. Şiş ist der Spieß), 1 × Minekop (ich dachte ursprünglich an Rotbarbe, da ich bei der Erklärung das Wort red vernommen hatte; laut Wikipedia handelt es sich aber um den mir bis dato völlig unbekannten Bartumber). Inklusive Getränke (eine nicht mitgezählte Zahl der in der Türkei beliebten Einwegwasserbecher) belief sich die Rechnung auf 97 TL – nicht einmal 43 Euro.
Den Nachmittag verbrachten wir hauptsächlich mit dem photographieren des Stadtpanoramas vom Galataturm aus (übrigens kein billiger Spaß, wie bei fast allen touristischen Sehenswürdigkeiten ist der Eintritt recht saftig). Das Café im Turm ließen wir angesichts seiner astronomischen Preise und der eigentlich nicht so guten Aussicht (die Panoramaplattform läuft außen herum, das Café befindet sich vollständig im Innenraum) aus und tranken unseren çay lieber im Konak Café. Genauso touristisch, aber halb so teuer und mit genialer Dachterrasse.
Frisch gestärkt machten wir uns dann auf den Weg zur İstiklal Caddesi, quasi der Mariahilfer Straße von Istanbul. Unser Ziel: MADO, angeblich das beste Eis der Stadt. Sagte zumindest mein Reiseführer (der normale, nicht Istanbul Eats). Türkisches Eis, jedenfalls in der überall zu findenden Variante maraş dondurması, enthält unter anderem Salep, wodurch es eine ganz eigene, kaugummiähnliche Konsistenz bekommen soll. Nachdem ich vor längerer Zeit auf Cooking Issues einen Beitrag dazu gelesen hatte, wollte ich diese Spezialität natürlich unbedingt ausprobieren.
Nun ja. Das Eis von MADO war ganz nett, aber in der Konsistenz nicht wesentlich stretchier als herkömmliches Speiseeis. Die Sorte Mandel war jedenfalls gut, aber sehr zurückhaltend in der Geschmacksintensität. In Erinnerung blieb mir, daß das Mandeleis nicht – wie bei uns oft – nach Marzipan schmeckte. Dafür hätte ich nicht zwei Kilometer hatschen müssen. Aus streng wissenschaftlichem Interesse dann also ein zweiter Versuch: Ein Tüteneis von einem der an jeder Ecke zu findenden Eisverkäufer. Eigentlich hatte ich keinen Gusto mehr auf Eis, aber für die Wissenschaft müssen wir alle Opfer bringen ;-)
Die Konsistenz war hier eindeutig anders. Mit den Zähnen konnte man lustige Formen ziehen. Geschmacklich allerdings erbärmlich, sicher das mieseste Eis, das ich in den letzten paar Jahren gegessen habe (inkl. Eskimo & Co). Der Weg in den nächsten Mistkübel war trotzdem weit. Weil gerade wirklich keiner in der Nähe war. Fazit: Am spannendsten war die Show der Straßeneisverkäufer. Offenbar gibt es dafür irgendwo einen Lehrgang, der Ablauf ist nämlich immer gleich.
So, und nun gute Nacht! Die anderen Tage gibt’s in ein paar Tagen.
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