Die Urfassung dieses Rezepts ist schon im Dezember des letzten Jahres entstanden, als mich meine Tante auf die Idee brachte, statt Räucherlachs doch selbstgebeizten Lachs zu servieren. Ihr Rezept weicht etwas vom traditionellen gravad lax ab (hauptsächlich durch den Verzicht auf Zucker und die Hinzufügung von Zitronensaft), braucht aber natürlich trotzdem die üblichen „zwei bis drei Tage“. Zeit wäre vor dem Silvesterfestmahl zwar genug gewesen, aber mich reizt natürlich immer die technische Modernisierung. Das müßte doch auch im Vakuumbeutel gehen?
Nachdem ich das Kochbuchmonster prominent im Regal stehen habe, galt mein erster Blick natürlich dem elektronischen Index von Modernist Cuisine. Doch unter gravlax: nichts. Welche Stichwörter gibt es unter salmon? „cold-smoking, parametric recipe for“? Nein. „cooking sous-vide, parametric recipe for“? Auch nicht. „diet and flesh color of“? Eigentlich einen Abstecher wert, aber jetzt gerade nicht … Ah! „Grapefruit-Cured Salmon“ – das klingt zumindest schon einmal nach der richtigen Richtung.
Und tatsächlich, hier finden sich die gewünschten Angaben Salzkonzentration und Beizdauer. Kein Dill, dafür Maiwipfel von der Douglasie, zusätzlich deren ätherisches Öl und eben die namensgebende Grapefruit. Und ein ordentlicher Schluck Aquavit. Für den Lachs, nicht den Koch. Klingt jetzt ziemlich arg, aber ursprünglich sollen wirklich Kiefernnadeln als Teil der Beize verwendet worden sein, Dill wäre nur der moderne Ersatz. Durchaus denkbar (Harz wurde ja schon immer gern zur Konservierung verwendet), aber wo bekomme ich mitten im Winter Maiwipferl her?
Also doch lieber die traditionelle Würzung: Dill und Wacholder für das Harzige. Aquavit war aus (OK, eigentlich hatte ich noch nie einen in meiner Hausbar), Vodka sollte es aber doch auch tun? Geschmacklich kann er ja nicht viel beitragen, außer als Lösungsmittel für die Gewürzinhaltsstoffe. Bei diesem ersten Versuch blieben die Lachsfilets übrigens mit Haut, aber trotz beidseitigem Einreiben und einer verdoppelten Beizzeit waren die hautnahen Fleischschichten am Ende würzmäßig unterversorgt. Für den zweiten Versuch im Frühjahr habe ich mich daher an den Modernist Cuisine-Ansatz gehalten und die Haut gleich entfernt.
Damit reichen dann die zwölf Stunden wirklich, nur das Aufschneiden wird eine Spur diffiziler, da man am Ende keinen guten Griff hat. Dafür ist Beizzeit sensationell kurz und man kann die Haut anderweitig verwenden (zumindest wenn sie vorher gut abgeschuppt und beim Abziehen nicht völlig zerstört wurde – nie wieder Fischkauf im Supermarkt!). Es hilft, wenn man ein möglichst großes Stück im ganzen vakuumiert. Das Filet sollte aber trotzdem flach liegen, da das Beizen die Form durch die denaturierten Proteine quasi „einfriert“. Eine weitere Änderung: Statt Aquavit/Vodka kam diesmal ein schön rauchiger Islay-Whisky zum Einsatz (der zehnjährige Laphroaig, um genau zu sein). Das subtile Rauch- bzw. Torfaroma paßte ganz hervorragend zum Lachs, waren sich die Gäste einig. Den Zitronensaft werde ich hingegen beim nächsten Mal weglassen. Er stammt noch aus dem Rezept meiner Tante und dient wohl hauptsächlich der Unterdrückung mikrobieller Aktivität, wenn ohne Vakuum gebeizt wird. Im Vakuumbeutel sehe ich keine Notwendigkeit dafür, teilweise kam es jedoch zu oberflächlicher Eiweißdenaturierung durch die Säure (wie bei ceviche). Zitrusschalen könnten hingegen geschmacklich noch einen kick bringen.
Ah ja, die traditionelle schwedische Beilage: Dill-Senf-Sauce. Diesmal ganz schnell und improvisiert: Dijon-Senf, Honig, Salz, Pfeffer, gefrorenen Dill und neutrales Pflanzenöl in einen Mixbecher geben und mit dem Stabmixer emulgieren (wie Mayonnaise ohne Ei). Smaklig måltid!Gravad Lax
- Vorschau: 10 Portionen
- Vorbereitung: 60 Min.
- Wartezeit: 12 Std.
- Fertig in: 13 Std.
Gebeizter Lachs in nur zwölf Stunden. Frei nach Grapefruit-Cured Salmon aus Modernist Cuisine.
Zutaten
- 1 kg Lachsfilet ohne Haut, entspricht ca. einer kleinen Lachsseite
- 150 g Salz nicht zu grob
- 50 g Zucker
- 5 g schwarzer Pfeffer
- 10 g Wacholderbeeren
- 30 ml Zitronensaft entspricht ca. dem Saft einer halben Zitrone
- 37,5 g Islay-Whisky z.B. Laphroaig
- 160 g Dill tiefgefroren, entspricht vier Packungen à 40 g
Zubereitung
- Pfeffer und Wacholderbeeren mit einem Teil des Salzes mischen und in der Gewürzmühle relativ fein mahlen. Mit dem restlichen Salz und dem Zucker gut vermischen.
- Die Lachsseite mit der Pinzette von allen verbliebenen Gräten befreien. Grau-braune Stellen auf der vormaligen Hautseite dünn wegschneiden – das Unterhautfett schmeckt tranig. Falls notwedig, das Lachsfilet teilen, so daß es in die vorhandenen Vakuumbeutel paßt. In diesem Fall die Beizmischung gemäß des Gewichtsverhältnisses der beiden Stücke aufteilen!
- Die beiden Lachsfiletstücke unter fließendem Wasser waschen und trockentupfen. Die folgenden Schritte für jedes Filetstück separat ausführen.
- Das Filet in eine flache Schale legen und beidseitig mit einem Teil des Zitronensafts beträufeln. Mit dem abgewogenen Anteil der Beizmischung einreiben und in den vorbereiteten Vakuumbeutel geben. Das Filet soll ganz flach liegen. In der Schale verbliebene Beizmischung ebenfalls in den Beutel geben.
- Zwei Packungen des tiefgefrorenen Dills öffnen. Jede Seite des Filetstücks mit dem Inhalt einer Packung (40 g) vollständig bedecken. Den Rand des Beutels sorgfältig säubern und in die Vakuummaschine einlegen. Im letzten Moment die Hälfte des Whiskys zugießen und auf höchster Stufe vakuumieren.
- Die vakuumierten Filets zwölf Stunden im Kühlschrank reifen lassen. Eine zusätzliche Beschwerung ist nicht notwendig, schadet aber auch nicht.
- Nach zwölf Stunden die Beutel aufschneiden, die Flüssigkeit abgießen und die Filetstücke herausnehmen. Dill und Beizmischung abspülen und anschließend trockentupfen.
- Den Lachs nun entweder aufschneiden oder in frischen Beuteln erneut vakuumieren. Hält im Kühlschrank theoretisch einige Tage (das konnten wir mangels Resten bis jetzt aber nicht testen). Zum Aufschneiden sollte man ein möglichst großes, möglichst scharfes Messer nehmen und in flachem Winkel dünne Scheiben herunterschneiden. Je größer das vakuumierte Filetstück war, desto leichter geht es.
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