Er war akkurat in Plastik verpackt, aber man sagte mir, wenn ich auf Reisen sei, täte ich gut daran, ihn zu kühlen.

Umberto Eco: Wie man mit einem Lachs verreist

Wie man einen Lachs verspeist: Gravad Lax in 12 Stunden

Aufgeschnittener gebeizter Lachs mit Zitronenspalten
Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
Oster­re­zept ist sich kei­nes aus­ge­gan­gen, aber der näch­ste Kar­frei­tag kommt bestimmt. Oder sollte ich das mit dem Fisch­essen miß­ver­stan­den haben? Egal, die­ser schnell zube­rei­tete gra­vad lax schmeckt zu jeder Jah­res­zeit. Wozu wurde der Eis­ka­sten erfun­den? Glück­li­cher­weise brau­chen wir unsere Fische nicht mehr im küh­len Sand am Strand zu vergraben.

Die Urfas­sung die­ses Rezepts ist schon im Dezem­ber des letz­ten Jah­res ent­stan­den, als mich meine Tante auf die Idee brachte, statt Räu­cher­lachs doch selbst­ge­beiz­ten Lachs zu ser­vie­ren. Ihr Rezept weicht etwas vom tra­di­tio­nel­len gra­vad lax ab (haupt­säch­lich durch den Ver­zicht auf Zucker und die Hin­zu­fü­gung von Zitro­nen­saft), braucht aber natür­lich trotz­dem die übli­chen „zwei bis drei Tage“. Zeit wäre vor dem Sil­ve­ster­fest­mahl zwar genug gewe­sen, aber mich reizt natür­lich immer die tech­ni­sche Moder­ni­sie­rung. Das müßte doch auch im Vaku­um­beu­tel gehen?

Nach­dem ich das Koch­buch­mon­ster pro­mi­nent im Regal ste­hen habe, galt mein erster Blick natür­lich dem elek­tro­ni­schen Index von Moder­nist Cui­sine. Doch unter grav­lax: nichts. Wel­che Stich­wör­ter gibt es unter sal­mon? „cold-smo­king, para­me­tric recipe for“? Nein. „coo­king sous-vide, para­me­tric recipe for“? Auch nicht. „diet and flesh color of“? Eigent­lich einen Abste­cher wert, aber jetzt gerade nicht … Ah! „Grape­fruit-Cured Sal­mon“ – das klingt zumin­dest schon ein­mal nach der rich­ti­gen Richtung.

Und tat­säch­lich, hier fin­den sich die gewünsch­ten Anga­ben Salz­kon­zen­tra­tion und Beiz­dauer. Kein Dill, dafür Mai­wip­fel von der Dou­gla­sie, zusätz­lich deren äthe­ri­sches Öl und eben die namens­ge­bende Grape­fruit. Und ein ordent­li­cher Schluck Aqua­vit. Für den Lachs, nicht den Koch. Klingt jetzt ziem­lich arg, aber ursprüng­lich sol­len wirk­lich Kie­fern­na­deln als Teil der Beize ver­wen­det wor­den sein, Dill wäre nur der moderne Ersatz. Durch­aus denk­bar (Harz wurde ja schon immer gern zur Kon­ser­vie­rung ver­wen­det), aber wo bekomme ich mit­ten im Win­ter Mai­wip­ferl her?

Also doch lie­ber die tra­di­tio­nelle Wür­zung: Dill und Wachol­der für das Har­zige. Aqua­vit war aus (OK, eigent­lich hatte ich noch nie einen in mei­ner Haus­bar), Vodka sollte es aber doch auch tun? Geschmack­lich kann er ja nicht viel bei­tra­gen, außer als Lösungs­mit­tel für die Gewürz­in­halts­stoffe. Bei die­sem ersten Ver­such blie­ben die Lachs­fi­lets übri­gens mit Haut, aber trotz beid­sei­ti­gem Ein­rei­ben und einer ver­dop­pel­ten Beiz­zeit waren die haut­na­hen Fleisch­schich­ten am Ende würz­mä­ßig unter­ver­sorgt. Für den zwei­ten Ver­such im Früh­jahr habe ich mich daher an den Moder­nist Cui­sine-Ansatz gehal­ten und die Haut gleich entfernt.

Damit rei­chen dann die zwölf Stun­den wirk­lich, nur das Auf­schnei­den wird eine Spur dif­fi­zi­ler, da man am Ende kei­nen guten Griff hat. Dafür ist Beiz­zeit sen­sa­tio­nell kurz und man kann die Haut ander­wei­tig ver­wen­den (zumin­dest wenn sie vor­her gut abge­schuppt und beim Abzie­hen nicht völ­lig zer­stört wurde – nie wie­der Fisch­kauf im Super­markt!). Es hilft, wenn man ein mög­lichst gro­ßes Stück im gan­zen vaku­um­iert. Das Filet sollte aber trotz­dem flach lie­gen, da das Bei­zen die Form durch die dena­tu­rier­ten Pro­te­ine quasi „ein­friert“. Eine wei­tere Ände­rung: Statt Aquavit/​Vodka kam dies­mal ein schön rau­chi­ger Islay-Whisky zum Ein­satz (der zehn­jäh­rige Laphro­aig, um genau zu sein). Das sub­tile Rauch- bzw. Torf­aroma paßte ganz her­vor­ra­gend zum Lachs, waren sich die Gäste einig. Den Zitro­nen­saft werde ich hin­ge­gen beim näch­sten Mal weg­las­sen. Er stammt noch aus dem Rezept mei­ner Tante und dient wohl haupt­säch­lich der Unter­drückung mikro­biel­ler Akti­vi­tät, wenn ohne Vakuum gebeizt wird. Im Vaku­um­beu­tel sehe ich keine Not­wen­dig­keit dafür, teil­weise kam es jedoch zu ober­fläch­li­cher Eiweiß­de­na­tu­rie­rung durch die Säure (wie bei cevi­che). Zitrus­scha­len könn­ten hin­ge­gen geschmack­lich noch einen kick bringen.

Dill-Senf-Sauce mit Honig
Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
Ah ja, die tra­di­tio­nelle schwe­di­sche Bei­lage: Dill-Senf-Sauce. Dies­mal ganz schnell und impro­vi­siert: Dijon-Senf, Honig, Salz, Pfef­fer, gefro­re­nen Dill und neu­tra­les Pflan­zenöl in einen Mix­be­cher geben und mit dem Stab­mi­xer emul­gie­ren (wie Mayon­naise ohne Ei). Sma­k­lig måltid!



Gravad Lax

Aufgeschnittener Gravad Lax und Zitronenspalten
Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
  • Vor­schau: 10 Por­tio­nen
  • Vor­be­rei­tung: 60 Min.
  • War­te­zeit: 12 Std.
  • Fer­tig in: 13 Std.

Gebeiz­ter Lachs in nur zwölf Stun­den. Frei nach Grape­fruit-Cured Sal­mon aus Moder­nist Cui­sine.

Zutaten

Zubereitung

  1. Pfef­fer und Wachol­der­bee­ren mit einem Teil des Sal­zes mischen und in der Gewürz­mühle rela­tiv fein mah­len. Mit dem rest­li­chen Salz und dem Zucker gut vermischen.
    Wacholderbeeren, Pfefferkörner, Salz und Zucker
    Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
  2. Die Lachs­seite mit der Pin­zette von allen ver­blie­be­nen Grä­ten befreien. Grau-braune Stel­len auf der vor­ma­li­gen Haut­seite dünn weg­schnei­den – das Unter­haut­fett schmeckt tra­nig. Falls not­we­dig, das Lachs­fi­let tei­len, so daß es in die vor­han­de­nen Vaku­um­beu­tel paßt. In die­sem Fall die Beiz­mi­schung gemäß des Gewichts­ver­hält­nis­ses der bei­den Stücke aufteilen!
    Eine ganze Lachsseite
    Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
  3. Die bei­den Lachs­fi­let­stücke unter flie­ßen­dem Was­ser waschen und trocken­tup­fen. Die fol­gen­den Schritte für jedes Filet­stück sepa­rat ausführen.
  4. Das Filet in eine fla­che Schale legen und beid­sei­tig mit einem Teil des Zitro­nen­safts beträu­feln. Mit dem abge­wo­ge­nen Anteil der Beiz­mi­schung ein­rei­ben und in den vor­be­rei­te­ten Vaku­um­beu­tel geben. Das Filet soll ganz flach lie­gen. In der Schale ver­blie­bene Beiz­mi­schung eben­falls in den Beu­tel geben.
  5. Zwei Packun­gen des tief­ge­fro­re­nen Dills öff­nen. Jede Seite des Filet­stücks mit dem Inhalt einer Packung (40 g) voll­stän­dig bedecken. Den Rand des Beu­tels sorg­fäl­tig säu­bern und in die Vaku­um­ma­schine ein­le­gen. Im letz­ten Moment die Hälfte des Whis­kys zugie­ßen und auf höch­ster Stufe vakuumieren.
  6. Die vaku­um­ier­ten Filets zwölf Stun­den im Kühl­schrank rei­fen las­sen. Eine zusätz­li­che Beschwe­rung ist nicht not­wen­dig, scha­det aber auch nicht.
    Mit Dill und Beize marinierte Lachsfiletstücke
    Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
  7. Nach zwölf Stun­den die Beu­tel auf­schnei­den, die Flüs­sig­keit abgie­ßen und die Filet­stücke her­aus­neh­men. Dill und Beiz­mi­schung abspü­len und anschlie­ßend trockentupfen.
    Lachs nach zwölf Stunden in der Beize
    Bild: Der Küchenmeister | mnd.sc
  8. Den Lachs nun ent­we­der auf­schnei­den oder in fri­schen Beu­teln erneut vaku­um­ie­ren. Hält im Kühl­schrank theo­re­tisch einige Tage (das konn­ten wir man­gels Resten bis jetzt aber nicht testen). Zum Auf­schnei­den sollte man ein mög­lichst gro­ßes, mög­lichst schar­fes Mes­ser neh­men und in fla­chem Win­kel dünne Schei­ben her­un­ter­schnei­den. Je grö­ßer das vaku­um­ierte Filet­stück war, desto leich­ter geht es.
    Gravad Lax wird mit einem großen Messer dünn aufgeschnitten
    Bild: <a href="http://gregorjoham.at">Gregor Joham</a>

Der Küchenmeister

Der Küchen­meis­ter arbei­tet als Infor­ma­ti­ker und dilet­tiert in sei­ner Frei­zeit am Herd und Zir­ku­la­tor. Seit eini­gen Jah­ren gilt sein beson­de­res Inter­esse den moder­nen Küchentechniken.

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