Eigentlich wollte ja die Weinhauerin mit über innere(n) Werte philosophieren, vor drei Wochen im Freyenstein, aber dann zog sie doch die Zweisamkeit der Berge vor. Den mühsam ergatterten Tisch (OK, dank des neuen Freyenstein-Newsletters war ich noch vor Severin Cortis Artikel im Standard dabei) wieder freigeben? Nie im Leben! Nach ein bißchen Herumfragen fand sich mit Jürgen Schmücking doch noch ein interessierter Co-Esser. Aber wenn schon, denn schon. Am Vorabend der Innereienschlacht dann noch ein Anruf von Katharina Seiser. Lotta und Per-Anders Jörgensen vom Fool Magazine wären in town und ob an unserem Tisch eventuell noch ein paar Platzerln zu haben wären?
Aber sicher doch! War das wirklich eine Frage? Nachdem Katharinas, Jürgens und mein Schwedischvokabular sich als doch recht überschaubar herausstellte, einigten wir uns auf Englisch als Tischsprache. Und zu reden gab es genug! (Keine Sorge, ich werde Euch jetzt nicht mit Details langweilen. Aber danke noch einmal allen Anwesenden für den großartigen Abend!)
Als Gruß aus der Küche fungierte eine Hendllebermousse und ein Radl gebackene Blunzen (ein Freyenstein-Klassiker). Als ersten Gang servierte uns Meisterkoch Meinrad Neunkirchner grünen Spargel mit Züngerl, Kernöl und rotem Senf sowie knuspriges Lammhirn mit Graumorcheln, Couscous und rotem Amaranth. (Zwar hätte ich mir den Spargel etwas weniger puristisch, das heißt stärker bzw. überhaupt gesalzen gewünscht, in Kombination aber trotzdem ganz vorzüglich.) Die Weinauswahl überließen wir dem anwesenden Experten, Jürgen entschied sich für einen Grünen Veltliner Steinleithen Reserve 2010 vom Geyrerhof (Kremstal).
Weiter ging es mit geliertem Maishendl mit Thymian & Wiener Croûton (das sich als Hirn mit Ei auf getoastetem Weißbrot entpuppte) und einem wirklich phantastischen Bruckfleisch vom Kitz mit Bärlauchnockerl & Wurzeln. Die erste Flasche Wein war da schon ziemlich leer, Jürgen setzte mit dme Grünen Veltliner Lamm 2003 vom Weingut Hirsch (Kamptal) fort. Der paßte dann auch zum Bries aus dem Räucheröl mit wildem Zeller & Eiszapfen und dem Sauté von Lammnieren & ‑herz mit Sesampüree & Pimpernelle. Uff! Waren das jetzt eigentlich schon alle „fleischigen“ Gänge? Nein, da sollte noch etwas kommen. Vielleicht erst nach einer kurzen Pause?
Für die letzte Runde Innereien (gerollter Kalbskopf im Vogelmierensud mit Brennesselspinat und Kalbsleber aus dem Ofen mit Rhabarber, Schlehen & Muskatkraut, mir beides schon ein bisserl zu intensiv) war dann ein gut gereifter Rotwein angesagt. Man hätte da noch ein paar Flaschen einer Rarität, einen unter der Ägide von Josef Pusch im Barrique ausgebauten Blaufränkisch Marc Aurel 1993, der nie im regulären Handel erhältlich war. Ob wir den vielleicht probieren wollten? Wir wollten. Auch nach 20 Jahren tadellos.
Wie erwartet mußten wir nicht zwischen Käse und „süß“ wählen. Der „Schwarze Prinz“ vom Schaf mit eingelegter schwarzer Nuß & grünem Paradeisercoulis wie im Freyenstein üblich leider viel zu jung. (Ob ein ceterum censeo hier helfen würde?) Vom Forticus 2005“ vom Weingut Graf Hardegg kann man das glücklicherweise nicht behaupten, ein schöner einheimischer fortifizierter Wein im Port-Stil (der ursprüngliche Name „Porticus“ war dem Instituto do Vinho do Porto dann auch zu verwechslungsgefährdet). Damit war auch zum süßen Teil des Abends übergeleitet.
Diesmal also Orangenschokolade mit Blutorangensalat & Streusel, Ananasbeignet mit gesäuertem Huflattich & Verbene, überbackene Topfenpalatschinke mit Eis von Brotgewürzen und Mispeln mit Erdbeerminze. (Wenn ich hier jetzt keines extra lobe, liegt das daran, daß Meinrad Neunkirchners Desserts immer samt und sonder super sind.) Und natürlich petits fours. Deren Augapfel-Optik paßte dann eh wieder zum Generalthema ;)
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