Eine ganze Reihe an neuen kleinen Esslokalen, wie z.B. das Tischlein deck dich, das Blendend oder das Café ZAPO, hat in letzter Zeit ihre Pforten in der steirischen Landeshauptstadt eröffnet. Eines davon ist das Gaumenkino in der Gartengasse in der Nähe der Technischen Universität, das sich hauptsächlich der kreativen Gemüseküche verschrieben hat. Direkt neben dem Lokal führen die BesitzerInnen Angela Hirmann und Ernst M. Preininger auch ein kleines Geschäft namens Gemüsewerkstatt, wo saisonales und regionales Gemüse abseits des üblichen Supermarkt-Sortiments angeboten wird. Zur Vervollständigung des Konzepts haben die beiden nun auch ein Kochbuch herausgegeben. Mitte März war daher zur Buchpräsentation im im Botanischen Garten der Universität Graz geladen – ein ungewöhnlicher Ort für den Anlass, aber eine schöne Idee. Das etwas gedämpfte Licht und die dekorativ blühenden Pflanzen im Eingangsbereich des Palmenhauses boten eine heimelige Stimmung, fast als wäre man auf einer privaten Feier. Nur der Fotoqualität waren die Lichtverhältnisse leider nicht zuträglich (zu allem Überfluss hatte dann auch meine Kamera gestreikt, daher gibt es diesmal nur iPhone-Fotos). Als ich kurz vor Beginn der Veranstaltung ankam, stand bereits eine kleine Schlange an Leuten vor dem improvisierten Stand mit den Büchern, um sich ein Exemplar zu sichern. Nachdem sich die Location gefüllt hatte, ergriffen die AutorInnen das Wort – das Konzept des Buches ist eine saisonale Rezeptübersicht zu bieten, die auf Umweltbewusstsein und Nachhaltigkeit Wert legt. Auch in ihrem Lokal verwenden Angela Hirmann und Ernst M. Preninger nur biologisches Gemüse von LieferantInnen aus der Region.
Und was wäre eine Kochbuchpräsentation ohne Buffet? Natürlich gab es einige kleine feine Spezialitäten aus dem Repertoire des Gaumenkino zu verkosten: Tabouleh mit roten Rüben, Buchweizenknöderln, gebratene Fleischbällchen aus Bio-Faschiertem, Rote-Rüben-Laibchen auf Curry-Krautsalat und gebackene Gemüsesamosas auf Käferbohnenhummus – allesamt ausgesprochen köstlich. Kleiner raumtechnischer Nachteil: das Buffet war auf einer breiten Stiege aufgebaut – originelle Optik, aber schlecht für den Staufaktor vor den Buffettischen. Neben dem Buffet gab es auch eine kleine Weinverkostung (vom südsteirischen Weingut Holger Hagen) und es wurden sehr feine biologische Frucht- und Gemüsesäfte wie Pfirsichsaft oder Rote-Rüben-Multifruchtsaft ausgeschenkt.
Doch noch einige Sätze zum Kochbuch: Als erstes sticht die farblich ansprechende und schnörkellöse Gestaltung des Covers ins Auge. Puristisch ist auch die Gestaltung der Rezepttexte und ‑fotos – letztere wirken sehr appetitlich und natürlich. Außergewöhnliche, schwieriger zu besorgende Zutaten sind die absolute Ausnahme, ohne dass sich deswegen Fadesse einstellt. Das liegt vor allem an den originellen Kombinationen und Zubereitungsarten, wie z.B. Bratapfel-Sellerie-Suppe, Rote-Rüben-Tarte oder Sauerkrautlasagne. Die Rezepte sind in „Die warme Jahreszeit“ und „Die kalte Jahreszeit“ eingeteilt – ähnlich wie man es als geneigte KochbuchkäuferIn von Katharina Seisers Büchern kennt, wenn auch etwas gröber zusammengefasst. Wie im Gaumenkino selbst liegt der Fokus auch beim Kochbuch auf der kreativen Gemüseküche. Einige wenige Fleischrezepte, etwa ein Rindsragout mit Karotten und Fisolen, runden das Buch ab. Wie die AutorInnen im Vorwort beschreiben gibt das Buch die Idee eines ausgewogenen Speiseplans wieder – also vorwiegend Gemüsegerichte mit Fleisch als Ausnahme bzw. als „Hin-und-wieder“-Option. Gut gefällt mir auch die Rubrik „Grundrezepte“, die Basisrezepte, z.B. für Brot, Gemüse- und Fleischfond oder Nudelteig enthält. Da das Buch sowohl einfachere als auch aufwändigere Rezepte enthält, ist es gleichermaßen für blutige AnfängerInnen wie für versierte Hobbyköche und ‑köchinnen interessant. Spontan sehr ausprobierenswert finde ich die Rote-Rüben-Gnocchi, die Rote-Zwiebel-Quiche mit Mangold, die Tandoori-Erdäpfel-Bällchen oder Shakshouka. Auch die Desserts wurden nicht vernachlässigt, verlockend klingen hier z.B. das Buttermilch-Ribisel-Mousse oder die Rhabarber-Kakao-Muffins. Ein Glossar zu den verwendeten österreichischen Küchenbegriffen sowie ein Rezeptregister runden das sehr gelungene Konzept ab. Insgesamt macht das Gaumenkino-Kochbuch richtig Lust auf den Frühling, mit frischem Gemüse und Kräutern zu kochen, sowie auch (nach den Betriebsferien bis 30. März) auf einen baldigen nächsten Besuch im Lokal.
Zum Buch
Angela Hirmann, Ernst M. Preininger: Gaumenkino. Löwenzahn Verlag, Innsbruck, 2015. 240 Seiten. Erhältlich um 29,90 Euro.
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