Fleischhauer ist ein altmodischer Beruf. Nicht, daß es keine Maschinen gäbe, um die grobe Arbeit zu erleichtern. Aber der letzte Schnitt muß dann doch mit einem gut geschärften Messer gesetzt werden. Kein Automat kann die kundige Hand ersetzen, die den richtigen Muskel für ein saftiges Steak oder ein sämiges Gulasch aus einer geviertelten Kuh herausschält. Aber Hand aufs Herz, liebe Leserinnen und Leser, wo habt ihr euer letztes Schnitzel eingekauft? Ah, doch eines aus der Styroportasse? Aber ja, natürlich eh voll bio und so? Willkommen im Club.
Auch im Fleischbereich schreitet die Konzentration des österreichischen Lebensmittelhandels munter voran. Wer sich das putzige Kalberl oder das süße Schweinderl beim Essen nicht so recht vorstellen mag, greift möglicherweise auch lieber zum Schaumstofftassenfleisch, statt zum frisch heruntergeschnittenen. Oft liegt es aber auch an den Möglichkeiten. Wo finde ich überhaupt noch eine Fleischerei? Die Fleischhauerei ist halt leider auch ein aussterbendes Gewerbe. Aus einem Fleischeinkauf wird daher schnell eine Reise, zumindest in Wien.
Und so hat das Anfang Oktober im Metroverlag erschienene Buch Die letzten Fleischhauer von Wien streckenweise den Charakter eines Reiseführers – bis hin zum inkludierten „Sprachführer“ in Gestalt eines kurzen Glossars der Fleischeslust. Der aus den Federn von Florian Holzer und Georg Renöckl stammende und von Arnold Pöschl photographierte Band ist aber vor allem auch eine Huldigung, wie schon der Untertitel ankündigt.
Die Autoren portraitieren 25 traditionelle Fleischereien aus allen möglichen Wiener Bezirken in Wort und Bild. Dabei kommen Freundinnen und Freunde der fleischlichen Genüsse voll auf ihre Kosten: Egal ob Würste, trockengereiftes Rind oder schön fettes Bauchfleisch, die Bilder machen Lust auf mehr. Fleisch! Jetzt! Glücklicherweise gibt es bei jedem Eintrag neben der Adresse auch gleich eine Telefonnummer für allfällige Vorbestellungen ;-) Das Lieblingsrezept der jeweils Portraitierten wird übrigens auch gleich mitgeliefert. Von Beinfleisch mit Kochsalat bis Knuspriger Soulkitchen-Schweineohrensalat reicht das Rezeptregister. Die Rezepte sind knapp, aber ausreichend beschrieben (auch die Mengenangaben scheinen genau zu sein). Was leider fehlt, sind Bilder der fertigen Gerichte. Beim einen oder anderen Rezept (Rillettes!) würde ein Bild sicher helfen, die richtige Konsistenz zu erwischen.
Man merkt dem Buch an, wie ernst es Holzer und Renöckl mit ihrer Huldigung an die Wiener Fleischhauer ist. Glücklicherweise gibt es ja doch noch ein paar mehr als die ausgewählten 25, und so enthält der Anhang auch noch eine weitere Adreßliste mit empfehlenswerten Fleischlieferanten. Was mir als Büchernarr wohltuend aufgefallen ist: die liebevolle Gestaltung. Der Schriftsatz ist lesefreundlich mit ausreichend Weißraum, kleine Details wie der abgebildete Kolophon tragen das Ihre zur vergnüglichen Lektüre bei. Einzig das in der Verlagsankündigung versprochene Lesebändchen habe ich schmerzlich vermißt. Trotzdem ein must-have für Wiener Carnivoren!
Zum Buch
Florian Holzer, Georg Renöckl und Arnold Pöschl: Die letzten Fleischhauer von Wien. Eine Huldigung. Metroverlag, Wien, 2012. 160 Seiten. Erhältlich um 25 Euro.
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